Mittwoch, 22. 10.
Bericht vom Prozess II
gegen J. (2. Verhandlungstag)
Dieser zweite Verhandlungstag, immerhin fast vier Stunden lang, war bestimmt
durch eine ausgiebige Vernehmung eines (inzwischen ehemaligen) Mitarbeiters
der privaten Sicherheitsfirma WISAG, die im Auftrag von Mövenpig
ParknutzerInnen verfolgte, bedrohte und drangsalierte (WISAG ist übrigens
lt. seiner Aussage seit einigen Wochen nicht mehr vor Ort tätig)..
Er hatte für sich beschlossen, sich an nicht mehr viel zu erinnern ("Ich
glaube,..."); konfrontiert mit anders lautenden Aussagen vor dem LKA, Abt.
Staatsschutz, stellte er nur lapidar fest, dass es dann wohl so gewesen sein
müsse.
Nach über zwei Stunden überraschte er alle Anwesenden mit der
Äußerung, dass er den einen Vorfall (der Beschuldigte J. soll sich
zwei Meter auf das Grundstück von Mövenpig begeben haben, um durch
ein Fenster zu schauen = vorgeworfener Hausfriedensbruch) gar nicht selbst
gesehen hätte, sondern nur von einem Kollegen davon gehört
hätte...
Bemerkenswert und richtungsweisend ist die Begründung des
zuständigen Richters Hansen, mit der er einen Antrag der
Staatsanwältin Kühne zu einer weiteren Beweiserhebung ablehnte. Wir
zitieren:
"...Es handelt sich bei dem in Frage kommenden Bereich nicht um
befriedetes Besitztum im Sinne von § 123 Abs. 1 StGB.
Ein befriedetes Besitztum ist - seit RGSt. 11, 293 - immer dann gegeben, wenn
ein Grundstück von dem Berechtigten in äußerlich erkennbarer
Weise mittels zusammenhängender Schutzwehren gegen das beliebige Betreten
durch andere gesichert ist. Das bedeutet, dass die Begrenzung die Bedeutung
eines - wenn auch nicht unüberwindlichen - körperlich wirkenden
Hindernisses haben muss.
Diese Wirkung hat weder die Steinkante, die das in Frage kommende
Grundstück vom Weg trennt, noch hat die mehrfach durchbrochene
heckenartige Bepflanzung eine solche Wirkung.
Das Grundstück um das Mövenpick-Hotel ist stattdessen allenfalls in
optisch bzw. psychischer Weise abgegrenzt. Das reicht nicht aus (vgl. OLG
Frankfurt NJW 2006, 174).
Die übrigen Varianten des § 123 I StGB kommen hier ersichtlich nicht
in Frage."
Diese Begründung dürfte sicherlich Auswirkungen auf das noch zu
fällende Urteil haben...
Es blieb dann noch eine Beleidigung gegenüber dem WISAG-Schergen
übrig; er fühlte sich zwar (immer noch) beleidigt, konnte sich aber
nicht mehr erinnern, durch was.
Dem Beweisantrag der VerteidigerInnen von J., dazu zwei ZeugInnen zu laden,
wurde stattgegeben. Der nächste, dann dritte Verhandlungstag soll am
30.10.2008, 13.00 Uhr, wiederum im Raum 290, Strafjustizgebäude
Sievekingplatz, stattfinden.