Donnerstag, 30.10.2008
Freispruch im Prozess II gegen J.
Schlappe für LKA, Polizei und Mövenpig


Der dritte Verhandlungstag begann mit einem Antrag der AnwältInnen zum bisherigen Verfahren, in dem festgestellt wurde, dass sofort und ohne weitere ZeugInnenvernehmung freigesprochen werden müsse. Dazu stellte der Richter (Hansen) fest, dass er sowieso freisprechen wolle, was einen kleinen Entrüstungssturm beim Staatsanwalt (Todt) auslöste.
Nach einer kurzen Pause wurde sich darauf verständigt, dass die ZeugInnen nicht mehr gehört werden müssten und es folgten die Plädoyers und Urteilsverkündung. Der Staatsanwalt sah alle Vorwürfe als erwiesen an und forderte einmal 10 und einmal 45 Tagessätze Geldstrafe. Dabei stellten die Erinnerungslücken und teilweisen Falschdarstellungen des WISAG-Zeugen am 2. Verhandlungstag für ihn einen untrüglichen Beweis seiner Glaubwürdigkeit dar; zudem zitierte er ein Urteil des OLG Frankfurt in Bezug auf "befriedetes Besitztum" unvollständig, aber für ihn passend. Den vollständigen Text dieses OLG-Urteils lieferten dann die AnwältInnen in ihren Plädoyers und auch der Richter in seiner Urteilsbegründung nach; auf den Vorwurf der Beleidigung braucht hier nicht näher eingegangen zu werden.
Es gab in allen Punkten einen Freispruch für den Angeklagten J.!

Es bleibt nun abzuwarten, ob die Staatsanwaltschaft binnen einer Woche Revision oder Berufung gegen dieses Urteil einlegt. Es sei noch einmal daran erinnert, dass es nicht um die real erhobenen Vorwürfe ging. Die Anklagevertretung, aus der politischen Abteilung der Staatsanwaltschaft, war angetreten mit dem Ziel, endlich einen Prozess gegen den Widerstand gegen das Mövenpig-Hotel mit einem Schuldspruch zu beenden. Darüberhinaus ging es konkret auch darum, vermeintlich erteilte Hausverbote und, daraus resultierend, vermeintliche Hausfriedensbrüche rechtlich fest zu klopfen.
Gegen C., Aktivistin des "Freien Netzwerks..." sind noch ca. 20 Verfahren offen; dies ist das Ergebnis einer fast 2-jährigen Verfolgungs- bzw. Kriminalisierungstrategie von LKA, Polizei und nicht zuletzt auch von Mövenpig. Ein Großteil dieser Verfahren basiert auf dem "Anfangstatbestand" Hausfriedensbruch. Dieser vermeintliche Tatbestand führte zu etlichen Ingewahrsamnahmen, Festnahmen sowie durch Polizeibeamte begangene Körperverletzungen gegen C.! Gleichzeitig wurden auf Grund dieser "Vorkommnisse" Verfahren gegen C. eingeleitet, u.a. wegen Widerstand, Beleidigung und versuchter Körperverletzung. Und auch das im Dezember 2007 gegen sie verhängte 3-monatige Aufenthaltsverbot für große Teile des Schanzenparks wurde mit eben diesen Konstrukten (erteiltes Hausverbot/verübter Hausfriedensbruch) maßgeblich begründet.

Das o.a. Ziel von LKA und Polizei wurde nicht erreicht; von daher ist dies auch ein wichtiger Urteilsspruch mit erheblichen Auswirkungen auf kommende Verfahren!

Siehe dazu auch diesen Artikel in der taz vom 2.11.